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Bahngrenzübergang Gerstungen /Thüringen

Nach der Besetzung Deutschlands im Jahre 1945 wurden die vier Besatzungszonen eingerichtet. Schon früh begann man in der sowjetischen Zone die Grenzen abzusperren und stark zu kontrollieren, da man der anhaltenden Massenflucht in die Westzonen entgegenwirken wollte.

Für den Eisenbahnverkehr wurden besondere Übergänge eingerichtet: (von Nord nach Süd geordnet)

Name Übergang Art der Strecke Nächste größere Städte
Lübeck \ Herrnburg zweigleisige Hauptstrecke Lübeck(SH) \ Wismar(MV)
Büchen \ Schwanheide zweigleisige Hauptstrecke Hamburg(HH) \ Schwerin(MV)
Oebisfelde \ Vorsfelde zweigleisige Hauptstrecke Wolfsburg(NS) \ Stendal(SA)
Helmstedt \ Marienborn zweigleisige Hauptstrecke Braunschweig(NS) \ Magdeburg(SA)
Wankenried \ Ellrich zweigleisige Hauptstrecke BadSachsa(NS) \ Nordhausen(TH)
Obersuhl \ Gerstungen zweigleisige Hauptstrecke Bebra(HE) \ Eisenach(TH)
Widdershausen \ Dankmarshausen eingleisige Nebenbahn BadHersfeld(HE) \ Eisenach(TH)
Ludwigstadt \ Probstzella zweigleisige Hauptstrecke Bamberg(BA) \ Saalfeld(TH)
Hof \ Gutenfürst zweigleisige Hauptstrecke Hof(BA) \ Plauen(SN)

Abkürzungen: Bayern(BA); Hamburg(HH); Hessen(HE); Mecklenburg-Vorpommern(MV); Niedersachsen(NS); Sachsen(SN); Sachsen-Anhalt(SA); Schleswig-Holstein(SH); Thüringen(TH)

Der Übergang Helmstedt - Marienborn war von besonderer Wichtigkeit, anfänglich durften nur auf ihm Güter nach Westberlin transportiert werden.
Während der Berliner Blockade waren alle Bahnübergänge für den Westverkehr gesperrt worden, nur DDR-Güterzüge durften sie passieren.
Aufbau: Die ankommenden Züge wurden auf dem ersten Bahnhof auf dem Gebiet der DDR kontrolliert. Hier befanden sich auch die GÜST, die GüterÜbergabe STelle. Der ganze Grenzbahnhof war umzäunt, nur Reisende Westbürger sowie Beamte der Grenzpolizei und des Zollamtes der DDR durften ihn betreten. Die meist einige Kilometer lange Strecke vom Grenzbahnhof zur eigentlichen Zonengrenze war auch Umzäunt und meist durch mehrere Wachtürme gesichert. Die Ausfährt über die Grenze zur BRD war mit einem fernsteuerbaren Tor, einer Postenbrücke und in vielen Fällen mit Einmannbunkern ausgestattet. Auch hatte man in beide Richtungen Weichen eingerichtet, die ins Nichts führten und lediglich die Aufgabe hatten, einen illegal passierenden Zug absichtlich zum Entgleisen zu bringen.

Die Streckenführung zwischen Bebra und Gerstungen verlief mehrmals abwechselnd durch BRD und DDR-Gebiet. Anfangs hatte man den Bahnhof in Wartha für die Grenzkontrollen verwendet, die Streckenabschnitte in der DDR wurden Umzäunt, sodass nach den Kontrollen niemand mehr auf- oder abspringen konnte.
Ab 1963 war damit Schluß, die Regierung hatte beschlossen, den "untragbaren Zustand" durch eine eingleisige Neubaustrecke zu lösen, die ab Gerstungen die alte Streckenführung ablöste und sich erst in Eisenach mit ihr wieder traf. Um diesem Plan Nachdruck zu verleihen, riß man kurzerhand die Schienen im Grenzgebiet ab, es entstanden Schienenstränge die ins Nichts führten.
Im Jahre 1978 wurde jeglicher Verkehr eingestellt und bis 1989 fuhr auf dem Streckenabschnitt kein Zug mehr.
Durch die Neubaustrecke, die nach der Wende 1989 übrigens wegen Baufälligkeit schon wieder abgerissen wurde, bekam Gerstungen nun die Aufgabe eines Grenzbahnhofes. Es wurde ein neues Gebäude errichtet, in der die Paßkontrollen stattfanden. Ein Bahnbetriebswerk (BW) mit Ringlokschuppen und Drehscheibe war auch vorhanden, hier konnten die Lokomotiven der Zuge, die nur bis zur Grenze fuhren, gewendet werden.

Nach der Grenzöffnung 1989 beschlossen die Bahndirektionen der Reichsbahn sowie der Bundesbahn die Wiederherstellung der alten Streckenführung über Herleshausen und die Stillegung der Neubaustrecke über Förtha. Die Bauarbeiten dauerten bis September 1992. Heutzutage sieht man von den eigentlichen Grenzanlagen nicht mehr allzuviel, es steht noch ein Wachturm und das Gebäude der Zollkontrolle sowie einige Stumpfgleise.

Auch gab es in der Nähe einen Autoübergang. Die Autobahn A4 besteht heute noch. Bei den erweiterten Grenzsicherungsmaßnahmen sprengte man auf östilcher Seite kurzerhand eine Autobahnbrücke, um den Verkehr zu unterbinden. Autofahrer aus dem Westen wurden so gezwungen, die Autobahn zu verlassen und das letzte Stück bis zur Grenze auf Bundesstrassen zurückzulegen. Der eigentliche Übergang war bei Herleshausen und führte nach einigen Kilometern Landstrasse wieder auf die Autobahn der DDR. Mit der Unterbrechung der Autobahn wollte man warscheinlich den Übergangsverkehr begrenzen und nicht komplett absperren. Heute hat man die gesprengte Brücke wiederaufgebaut und an den Übergang erinnern nur noch zwei Parkplätze auf beiden Richtungen zwischen Herleshausen und Wartha.


Bild aus der ADAC-Motorwelt
Quellen: Eisenbahnkurier Special 54 "Grenzenlos auf deutschen Schienen"; ISSN: 0170-5288
eigene Recherchen
Bilder vom Grenzübergang

Der Bahnhof Gerstungen; heute halten hier nur noch Regionalzüge Das Bahnbetriebswerk ist auch nicht mehr in Dienst

In diesem Gebäude war die Pass- und Zollkontrolle untergebracht. Heute ist es eine Ruine Hier hörte ein Teil der Gleise direkt vor der Zonengrenze auf, nur ein Doppelgleis führte durch die schwer bewachte Grenze

Der Wachturm diente zu Sicherung der Strecke in den Westen Hier verlief der letzte Sperrzaun zum Westen, zu erkennen an dem abgeholzten Geländestreifen; die Beleuchtung könnte sogar noch original sein

Diese Unterführung wurde wahrscheinlich auch extra für die Grenztruppen angelegt